zeuthen – wildau

zeuthen – wildau

2023/10

mit skulpturenpfad, nsg höllengrund-pulverberg, wildgarten/kurpark, schwartzkopffsiedlung

was bleibt:

  • die frau mit den kopfhörern im ohr, die mit ihrem fahrrad die gelbe linie der sbahntür blockiert, weshalb, ich + 2 weitere frauen sich umdrehen, 1 frau von draußen ruft, 2 sicherheitsbedienstete uniformierte damen auf sie zukommen, bis sie erschreckt die kopfhörer rausnimmt, während ihr aus 1 wunde an der schläfe blut über die wange läuft
  • die lektüre von rafik schami gegen die gleichgültigkeit, die ich noch vor dem hamasangriff gekauft + jetzt trotz meines bedürfnisses, nichts mehr über den sich ausbreitenden krieg MITZUKRIEGEN, lese + die gedanken an all die menschen, erinnerung an die leute, die das l in meinem namen als i lesen+schreiben, wodurch ich zu frau schrami werde
  • der rewemarkt in zeuthen, dessen besondere bauweise mir so bekannt vorkommt, dass ich mir einbilde, hier gewesen zu sein, wie ich mir einbilde, in treuenbrietzen gewesen zu sein + nichts davon mit bildern oder gpx beweisen kann, was mich verrückt macht
  • der mann auf dem fahrrad, der mir bei am lotreuchtenden rotleuchtenden signalheulenden bahnübergang zeuthen entgegenkommt, so dass ich ihm ausweiche, woraufhin er sich bedankt + nochmal fest drauftritt, um noch unter der sich senkenden schranke über die gleise zu fahren
  • die kälte von gestern, wegen der wir 3 tücher, 2 büffe, 1 paar handschuhe eingepackt haben, was wir nacheinander uns halsüberkopf vom leibe reißen, weil mit der feuchtigkeit innerhalb von 24 std. doppelt so viele temperaturgrade hereingeträufelt sind wie gestern herumdümpelten + nun als dämmriger nebel um uns herumgeistern
  • die worte von georg schramm von 2018 beim 50-jährigen medicojubiliäum (wann war ich bei den jährlichen feierlichkeiten?), die mir fehlen wie seine geistesgegenwart all die jahre davor, weil niemand sonst so klug die welt durchschaut + in 1 dramaturgisch dramatischen vortrag von faszinierender klarsicht fassen kann, der sich im magen 1 grube gräbt, aus der das unwohlsein aufsteigt, das ich mit hafermilchschokochaitee betäube + die erinnerung an all die menschen, die meinem namen 1 zweites m andichten, was mich zu frau schramml macht
  • die handschuhe, die wir anlassen + die erinnerung ans letzte jahr: so wars/so ists, wenn der heaBst (es ned?) kommt: mit den woll/fleece/pevauzeh-fingern auf displays tippen, sprachaufzeichnungsprogramme aktivieren, das fehlen der gedankenschreibmaschine bedauern, die es wohl erst in 1 perversen diktatorischen zukunft, wo man nichts mehr denken darf, gibt
  • die kungsledenjacke, die die olafsledenjacke war + vielleicht noch 1 weitere wegjacke sein wird, frischgewaschen + kurz vor verlassen der wohnung noch erneut schnellimprägniert
  • der rundweg um den skulpturenpark, wo wir nur 1 skulptur sehen, als umweg gleich zu beginn, weil: wann haben wir das letzte mal 1 rundweg gemacht + wann waren wir zuletzt im wald (der mit 1 schild angekündigt wird) + natürlich noch schramel mit E
  • die sonst-super schuhe, mit denen jetzt-aber die sohlen von beginn an brennen + die gedanken über den nächsten orthopädietermin, wo ich der ärztin angekündigt habe, ich käme wegen des verrissenen armes + nicht wegen des fußes, der schon besser werde + die frage, wie ich sie fragen kann, unter welchen vorzeichen ich die nächste rucksackweitwanderung starten könnte + kurze zeit später die gewissheit bei der erinnerung an ihre letzte antwort auf die frage, was ich jetzt am besten mit dem bone bruise täte zur wiederherstellung: “schmerzabhängige belastung”), dass ich das schon selber merke, wenn ich gerade nicht mal mit kleinem gepäck 5 km gehen kann ohne schmerzen + nach 8 km abbrechen muss + die bäume, an denen ich mich festhalte, um nicht unterzugehen
  • das hundewarn selbstmordwitzschild an der haustür gegenüber des hundes, der still in seinem hof herumläuft + bei unserem nähern den kopf durch den zaun steckt + etwas vom boden aufleckt
  • der podcast über lebenserwartung + die frage, wie kurz meine telomere schon sind: ob sie noch lang genüg für ein paar erneute zellteilungen oder ob das alter jetzt schon da + der artikel des kollegen zur studie über die lebenserwartung bei menschen mit hiv unter der richtigen frage “wie alt will ich eigentlich werden?” + die zweifel, die mittlerweile in ärger umschlagen bei den wendungen “fast so alt wie andere menschen auch” + “so leistungsfähig wie andere menschen auch” + die gewissheit, dass es der schmerz ist beim gehen, der die wut schürt, die als wut auf sich selbst + den nachlassenden körper filmisch eindrücklich dargestellt in dieser deutsch-schwedischen koproduktion zu ms + die frage, ob ich so lange leben kann, bis es nichts mehr gibt, was ich nicht gemacht habe, was ich wollte, weil ich keine angst mehr davor hatte (und nicht nur so tat, als ob ichs doch nicht wollte, nur, weil ichs mir nicht eingestand)
  • die von den heimischen wildschweinen frisch aufgewühlte eichelsuchspur im höllengrund, dessen eingang wir aufgrund angespannten beobachtens entgegenkommender + hinlauschens zu hinter uns gehenden verpasst haben + deshalb zurückgehen mussten
  • das frühstück auf der bank im stadtnahen erholungs+naturschutzgebiet + die lange zeit, die ich brauche, um zu wissen, was an der situation nicht stimmt: das rauschen der autobahn + die erinnerung an gunkl über den schmarrn von sätzen wie “probleme sind zum lösen da” + die richtigkeit anderer wie “schmerz ist da um vermieden zu werden”
  • die beiden nordicwalker, denen ich, während ich wegschaue, über den 2. trampelpfad ausweiche + die, als ich wieder hinsehe, wegschauen + das schild über die zauneidechse, durch das ich (erneut) lerne, dass eidechsen 1 teil ihres schwanzes bei gefahr “opfern” + abwerfen können, der später, wenn auch etwas kürzer (telomere?!) nachwächst wie die arme des octopus + der wurm des regens
  • der mann im himmelblauen outfit, der mir rückwärts entgegenkommt, während ich 1 gedanken ins handy einspreche +, als ich später wieder aufschaue aus meiner schmerzgeplagten depressiven versunkenheit, längst umgedreht lächelnd hallo + 1 guten morgen wünscht, woraufhin ich 1 moin herausbringe, allerdings unsicher, in welcher lautstärke, + mich in sicherer entfernung an den nächsten baum lehne
  • das abbrechen der tour + der immer langsamer werdende gang bis 1 km vor der sbahnstation, wo “nur” alle 20 minuten 1 bahn nach berlin fährt, wo ich doch wieder schnellen bis laufschrittes die zähne zusammenbeiße + durch die siedlung, die von außen wie meine wie 1 kaserne, aber von innen sicher schön, wenn auch hellhörig, wie bei mir, trabe + der warme tee in der thermoskanne im zug
  • der tramper mit dem ängstlichen kampfhund ohne leine, der auf den sitz springen darf + die erinnerung an danny, der gestern morgen nach geld gefragt, wo ich die börse im rucksack nicht bequem genug gepackt, um sie rauszuholen + der mir seitdem im geiste nachgeht, weshalb ich abends noch mit dem mittlerweile bereitgehaltenden schein in der hand 10 min. an der endstation gewartet, ob er zufällig auftaucht, was er nicht tat, natürlich, + weshalb ich später dem nervigen kid, das nervös durch den ubahnhof läuft, nach 1 ersten abwinken doch später die 2 € wechselgeld vom tabakkauf in die hand drücke, nicht ohne später lange die schwedischen+deutschen tabakgrößen+preise zu vergleichen, während ich den tollen dr. stöver zum thema suchtforschung zuhöre
  • die gespräche mit kolleg*innen am vortag über die von mir verpasste jubiliäumsfeier, während ich schon geschnürt+gepackt bereit zum gehen mit laufender nase 1 stunde lange von tür zu tür schniefe
  • der aufgerissene handschuh, den mir 1 mann beim aussteigen in der sbahn vom boden aufhebt, wo ich ihn unwissend fallengelassen habe + mir hinterher trägt, weshalb ich an den 2. denke, der vielleicht ebenfalls irgendwo auf dem weg vom sitz zur tür nun liegen könnte + das abschreiben des paares, während ich zum fitnessstudio gehe, um nach meinem mittlerweile 2. badeanzug zu fragen, den ich habe hängen lassen, aber unter den unangenehmen blicken des mitarbeiters in den riesigen haufen klammer klamotten in kisten + mülltüten durch zögerndes fingerspitzenkramen in fremden feuchten hosen + handtüchern ebensowenig finde wie den 1. unter den worten seines kollegen (“je hochpreisiger das studio, desto weniger holen die leute ihre sachen wieder ab”), woraufhin ich mir 1 neuen (inklusive unerwarteter rabattkompensation) kaufe + noch 1 bestelle, um am nächsten tag zu merken, dass beide 1 nummer zu groß (?!) sind/sein werden
  • das durch die erinnerung an georg schramm aufgeflammte kabarettinteresse + das süchtige scrollen durch die größtenteils enttäuschenden beiträge bis auf wenige wie den auftritt von rainald grebe nach dem mittlerweile 11. schlaganfall innerhalb weniger jahre + sein wunsch, dass alles wieder so sein möge wie vorher (wie der gewohnte autobahnraststättenautomatenkaffee oder die von heizungswärme gewellten cateringbuffetbrötchenwurstscheiben) + die erkenntnis, dass ich nicht möchte, dass alles so wird wie vorher, sondern so, wies nie war: höher schneller weiter
  • die wespe, die ich mit 1 leeren glas + tortenbodenpappdeckel aus dem café befreie, wo sie sich an meiner stulle gütlich getan, + die schönen reichen von mitte mit ihren mänteln, mützen + möpsen als stylingelement, die vor dem fenster vorbeilaufen + alle (?!) hereinschauen, weshalb ich (zwischen soft+hardshell) später prüfe, ob man auf die drinsitzenden durch- oder auf sich selbst zurückgeworfen gespiegelt schaut: beides + die erinnerung an das letzte mal im café wie immer an der wand (/im winkel) beim blick hinaus, dass man am fenster immer da sitzt, wo andere rauskucken
  • der neid der bulimiker*innen auf die anorektiker*innen + die letzte varma koppen aus schweden als suppenstärkung vor dem tee mit rum, der mir früher von stammgästen mit husten im winter als krankheitstrank empfohlen wurde, was sich als unsicheres hausmittel herausgestellt hat, aber gut zu diesem solchen abenden passt
  • das ende der woche der seelsischen gesundheit, auf die mich meine krankenkasse, hätte ich ihren newsletter früher gelesen, rechtzeitig hingewiesen hätte + der harte kanten brot, den ich mir gerade in die suppe bröckele, während ich das ernährungsdocmantra im kopf umrühre: kauenkauenkauen
https://www.kaschpar.de/2023/12/11/raum-des-jahres-winterliebe/
https://www.kaschpar.de/2023/12/06/von-den-seelen-der-baeume-v-gallery/
https://www.kaschpar.de/2023/12/12/berlin-2/
https://www.kaschpar.de/2023/12/10/whats-next/
https://www.kaschpar.de/2023/12/13/zwischen-softhardshell/

1 laub wird kommen
und wenn ich gehe, geh ich aufrecht
und wenn ich falle, fall ich senkrecht
und wenn ich liegenbleibe, glättet mich der wind