st. olavsleden 2022 (tvärtom) 21/27

st. olavsleden

trondheim – sundsvall, 650 km

tag 21: grimnäs – bräcke (10.9., 19 km)

aufwachen in grimnäs

ich lege 50 sek auf die 300 drauf – nicht, dass sies oder ich nötig hätten, aber gestern hab ich genauso viel bezahlt + hier kann ich waschen, frühstücken, mich am schrank mit den frühstückskeksen bedienen.

ich muss alles wischen, weil ich alles blitzeblank hinterlassen will, sauberer als vorher geht gar nicht. die erinnerung an die wohnung daheim, die wo wir alle zeit nur ins schreiben oder entspannen stecken + nur, wenns sein muss, mit dem schrubber drüber fahren. die erinnerung an guidos wohnung, wo die staubflusen sich in den ecken keilten, wie wir kehrten + saugten + später in der gemeinsamen wohnung jeden samstag einkauf+putzen + ich das gemeinsame einkaufen im netto, das mir zu stressig, gegen das einsame putzen tauschte. das freiwillige bügeln fremder hemden. meine güte. 

ich brauche länger als geplant, obwohl ich den boden nur kehre. dafür raum für meditation, weil ich weiß: niemand wird mich stören. ich störe niemanden. 

als ich losziehe, verabschiedet mich die katze, wie sie mich gestern begrüßte. schon 3 häuser weiter treffe ich 1 mann mit hund + 1 oder seine frau, er spricht mich an + wir plaudern über den weg. „det är duktig att gå ensam“, sagt er zu mir. vielen würden sagen, dass sie lieber alleine gingen + sie bestimmen könnten, wann sie ruhten oder gingen, erzählt er, während die frau drauf dringt, weiterzugehen. ich schlage duktig nach: tüchtig, fähig.

ich dichte unbewusst die 2. zeile zu meinem schlager:

have you been falling from the roof again?
I want to be that woman in the air!

weil ich drin bin, dichte ich 1 bayerisches lied, diesmal nicht über 1 schauer wie das lied vom duschara (dou hots an gscheiden duschara dou!), weil weit+breit keiner zu sehen ist, sondern über das hin+her, auf+ab, zu viel+zu wenig: zvü oda zwäng.

njuta av mina förmåninger

im hintergrund die e14 immer als nebengeräusch. seit ich weiß, dass die schnellstraße von sundsvall nach trondheim geht + zurück wie die eisenbahn auch, muss ich immer denken:

  • ich bin hingefahren, nur um zurückzulaufen
  • ich bin nur hingefahren, um zurückzulaufen 

die erinnerung an die 1. woche, wo ich leuten erzählte, dass ich auch 1 nacht durchginge, wenns sein müsste. die erinnerung an die reha, wo ich dem mann mit den ängsten erzählte, dass ich in der nacht wanderte, obwohls mich gruselt ab+an, weil ich mich aussetzen muss der angst – und wie ich zugleich in panik verfiel, ob es nicht gelogen wäre (gilt 1 wanderung ab 0:30 bis zur dämmerung um 3:30 als nachtwanderung? 1 ganze nacht waren wir noch nie unterwegs. zählt denn auch das übernachten in der hängematte im wald, wo wir die schüsse der jäger gehört + das reh neben uns aus dem see trank?) + ob jetzt jemand ins thema risikomanagement einsteigen + mich mit meiner fehlenden risikowahrnehmung konfrontieren würde (kannst du die gefahr denn real einschätzen oder verdrängst du sie + begibst dich in unkontrollierbare situationen?) – aber wie stattdessen die leute sagten: cool + die therapeutin meinte, sich seinen ängsten auszusetzen sei 1 typische therapieform bei phobien (z.b. hochsteigen bei höhenangst). aber die wahrscheinlichkeit, dass eine*m was auf 1 gesicherten aussichtsturm gerade in dem moment passiert, wo man hochsteigt, ist evtl. besser zu berechnen, als die, wenn man in der nacht von neustrelitz aus in den wald zu geht/läuft.

die erinnerung an das kleine zelt, das ich für den kungsleden kaufte, nur 800 g, aber ohne raum für aufenthalt. + was ist, wenns regnet? oder die mücken abends eine*n belästigen? oder oder.

sagt och gjordt – gesagt, getan

  • lessons learned:
    • schauen, wenns soweit ist
    • nicht in panik verfallen, falls

obwohl ich mich gut halte, setzen die schmerzen ein + gehen nicht mehr weg. pausen+dehnungen helfen nur bisschen. die kurze tour wird immer länger. bei jeder pause esse ich 1 kleinigkeit. pole ich das gehirn auf schmerzpauseessen?

höre den podcast von kropp&själ über nubörjare zum 2. mal, diesmal richtig ohne einschlafen + verstehe viel. möchte alles, was der 81-jährige sagt, zitieren.

„En nybörjare har massa alternativ, medan en expert bara har två eller tre“, säger Per Holmlöv, 81 år gammal och ständig nybörjare – nu senast inom måleri. „Jag är i slutfasen av mitt liv. Jag kan inte springa längre, jag kan inte klättra längre, jag kan inte vandra i fjällen längre, jag kan inte segla längre. Men då kan jag istället måla hästar, hundar, fjäll och hav och på så sätt återuppleva det“, förklarar han.

sveriges radio p1. kropp&själ. våga vara nybörjare. 06.09.2022

leser*innen sind follower*innen

mache wenig bilder. denke wenig nach. wenn die schmerzen kommen, mache ich zu. habe natascha 1 haufen bilder der tour geschickt, vielleicht ein bisschen zu viel. wie diese aufzeichnungen hier. man sollte die leute nicht überfrachten.

für wen machen wir das? wir haben 3 monate gewartet + plötzlich mit dieser aufzeichnung begonnen, mitten im schreibsabbatical. wir nehmen uns für das nachbearbeiten wie für das gehen keine zeit, wir versuchen, nur fertig zu werden mit der umsetzung. was wird aus dem blog, wenn der speicher voll ist? egal. hauptsache, wir haben alles ausgesprochen. wir haben keine scham, keine geheimnisse mehr. wozu auch? wir sind zu alt dafür. 

wir pausieren an 1 versteckten stelle am see in der nähe vom badehaus, zu dem wir eigentlich wollten, das wir aber auslassen, weil jemand dran rumwerkelt. der reiseführer, den wir vorwärts+rückwärts lesen müssen, um ihn zu verstehen, weil wir in die andere richtung gehen, zerfleddert langsam + wird immer leichter. jeden tag reißen wir ab + lassen die fetzen fliegen.

die brücke, die uns angekündigt, auf die wir so lange warteten, kommt endlich, ist aber nicht zugänglich. tillträde förbjudet. fischen darf man auch nicht. (juhu!) wir nehmen 1 video vom bahnübergang mit dem seltsamen klingklang des warnsignals auf + warten 1 ewigkeit auf den kurzen, schnell vorbeihuschenden zug. wie lang 1 minute sein kann … wir nehmen uns heute sogar zeit, um 1 schild zu lesen. 

mordsviken
der ort mordsviken hieß 1 sage zufolge früher norrviken. als die christliche lehre ins dorf kam, waren die meisten norrvikener „gottlos“, weshalb der priester im ort ihnen boshaftigkeit vorwarf. die wütenden einwohner*innen taten sich mit dem nächsten dorf zusammen + verfrachteten den priester in 1 boot + brachten ihn hinaus in den see auf 1 stein, damit er hier verhungere (der stein heißt seitdem präststenen/priesterstein). der priester aber konnte schwimmen + brachte sich zurück an land bei monäset (mordnäset). er wurde von vorbeigehenden norrvikern entdeckt + erschlagen. seither der name: mordviken. 1 andere erklärung, so das schild, könnte sein: dass der name vom wort „mård“ komme, das wald bedeute + daher: die bucht am wald. 

“mama, there’s woolfs in the house”

im letzten waldstück hören wir 1 lied + erinnern uns an die reha + wie wir noch alles gar nicht verarbeitet haben. alles kommt 1x hoch, wir laufen durch das gefühl hindurch + schleppen uns weiter, dann ist es hinaus. jetzt ists ein bisschen leichter.

am ende der tour laufe ich der nase nach + komme nicht über die gleise. die alte strecke wurde umgeleitet + ich habe es nicht geglaubt. ich muss zurück. kein problem. 

jAemt!

das hotel ist wie 1 amerikanischer motelschuppen mit 1 menge deko. draußen steht 1 deutscher wagen. beim eingang suche ich nach dem schlüssel im briefkasten + halte jemandem die tür auf, 1 mann ohne zähne, der dankt + etwas sagt wegen post. ich sage: oj nej! + er lacht. ich kann witze machen, ohne zu verstehen, wie+warum. ich habe so getan, als wäre kein schlüssel da, vielleicht hat es gepasst. wie beim käsekaufen aufm markt vor dem tollen laden der alten damen vor andersböle. als sie mich fragt, welchen käse ich haben möchte, schaue ich herum + sage langsam, die worte suchend: en som smaker gott! haha. 1, der gut schmeckt. morgen wird mich 1 mann auf dem weg ansprechen, durch dessen dorf ich laufe, das am eingang 1 schild postiert hat, das sagt „varning – kör sakta“ + 1 strichmännchen drauf, das etwas lässig auf der schulter trägt, vermutlich 1 gewehr; ich verstehe ihn nicht richtig, wobei ich vermute, dass er meint, ich liefe in die falsche richtung + ich sage: jaja, tvärtom + er lacht + winkt ab + ich weiß nicht, ob ich ihn nicht verstanden habe, ob er nur 1 witz machen wollte oder vad som helst. egal, bin schon drin. 

ich gehe den km durch das langgezogene brandenburger dorf vor+zurück zum supermarkt einkaufen, obwohls auch restaurants hier gäbe, thai+pizza. glass?! (eis?!) kaufe wie 1 weltmeister den laden leer, nur kein obst oder gemüse. zählen bananenchips? in der kleinen kaffeekök kann man sich wasser erhitzen, wie ich gelesen habe zum glück auf der homepage. dazu nochmal räksallad. nur nichts kochen, nur was fertiges, wo ich nichts zubereiten muss. zurück in berlin kaufe ich noch 1-2 mal reduzierten lachs, den ich vorm verfall schütze, bevor ich zu meinem veganen tätowierer gehe. dann ist die lust auf fisch plötzlich wieder weg. 

der eisladen hat tatsächlich auf. nicht so wie die tunnbrödbageri, an der ich extra vorbei bin, um wegen der schmerzen 1 pause einzulegen + kaffe med mjölk + 1 bulle zu mir zu nehmen. draußen das schild: öppet alltid jemt. ich suche das wort, es ist so ähnlich wie das jämt vom jämtkrogen-hotel, wo ich jetzt bin, das so was heißt wie „immer schon kneipe“. also müsste das heißen: nahezu allezeit auf. aber als ich komme, ist zu. die erinnerung an daheim, wie wir drinnen aus den fenstern schielten, wenn jemand in den hof fuhr: kommen die jetzt zu uns? 1x wenn wir zu haben, kommt da jemand. und die mama da drinnen sagt wie die meine: die geht schon wieder, wenn sie sieht, dass zu ist. 

im jämtkrogenkaffekörner gibt es auch 1 mikrowelle – ach! hätte ich mal vorher geschaut! ich öffne, wie ichs jetzt gewohnt bin wie maxi+anke alle schübe + schau mal, was da ist. unten kommt das dreckige geschirr rein. morgen ists weg. 

das wlan ist gut + ich recherchiere unterkünfte, zuletzt die 30 km strecke nach matfors über booking.com, weil die stuga nicht antwortet (wenn sie sich melden, tuts mir leid + ich würde gerne umbuchen, aber die unterkunft ist nicht stornierbar). ich buche wieder seit ein paar tagen per mail, weil ich schon wieder nicht telefoniere(n kann). bin jetzt so angefüllt durch solgerd mit gutem geleit, dass ich die nächsten tage durchkommen werde, wer/was da auch sei. werd ich schon schaffen, alles. werde schon ankommen. matfors ist der vorletzte halt. dann nur noch 16 km bis selånger. 

ob der körper extra schmerzt, wenn er am tag zuvor kein schmerzmittel bekommen hat? ist das die sucht?