st. olavsleden 2022 (tvärtom) 9/27

st. olavsleden

trondheim – sundsvall, 650 km

tag 9: vuku – sul (29.8., 31,7 km)

(c) kaschpar

das scheit zündeLt nicht

seit ich unterwegs bin, schlafe ich wieder schlecht. in der reha wurde es nach wenigen tagen besser. in aller frühe muss ich raus aufs klo, es ist arschkalt. um halb 5 macht man kein neues feuer an, wenn man das haus verlassen muss, es könnte ja noch brennen, wenn man geht. das scheit, das ich trotzdem auf die glut lege, zündeLt auch gar nicht.

im coop reiße ich mich zusammen, nur das wichtigste zu kaufen. all das trockenfutter aber hab ich schon nach dieser 1. woche satt + ich kaufe frischkäse+tomaten voller wasser, das ich trage. ich frage mich nicht mehr. es gibt 1 grundgewicht für eine*n jede*n, das man tragen muss.

das mädchen abseits an der außenwand der schule: jag är du. das schild mit dem hinweis auf granfossen in 14 km: für 1 wander*in 1 scherz. der himmel wieder gut verhangen. ohne schatten ists auch nichts. in der erinnerung werd ich am ende sagen: es war så fint, das wetter, wunderbar, kein regen nirgends. all die wolken sind in meiner speichercloud abgezogen.

listen erstellen, z.b. die, was alle haben:

  • rasenroboter
  • stuga
  • lampe im fenster

beite ohne zaun: die tiere laufen auf der straße rum + schauen komisch, was ich mache: kor är nyfiken, jag vet ja. nach 1 pinkelpause vergesse ich die stöcke + brauche 200-300 m, ums zu merken: hat ich nicht noch etwas an/in der hand? an der quelle, wo ich raste, wasche ich die snacktomaten. 1 auto fährt langsam vorbei, der fahrer winkt, als er mich sieht: als ob sich jemand freut, dass ich hier bin. vi ses!

highway 72

am fluss entlang die hauptstraße: zum glück nicht so viel verkehr. doch sie nehmen nicht mehr so viel abstand, fahren schneller. ich gehöre nicht wirklich hierher. außerdem: läuft sie nicht auf der falschen seite? welche ist die richtige? sollte da zwischen fluss+leitplanke+fels kein platz mehr für mich sein, wenn 2 lastwagen sich begegnen? ist das wirklich leden = der weg?

von den felsen tropft+trieft+träufelt es, es fällt+fließt in rinnsalen, bächen, stürzen, strömt in seen, füllt sich an + läuft gleich über. was nicht auf stein wächst, gedeiht nicht. wir sind auf sand gebaut daheim, auf eiszeitmark, dem gletscherende, hier nahm er seinen anfang. gefühlt ist er noch da. es gäbe auch abstecher hinauf auf höhen, die wir aber nicht geplant. so bleibt immer was übrig, was man noch 1 anderes mal, wenns 1 gäbe …

weil ich noch puffer trotz 30 km + weil ich nyfiken bin, klettere ich zum blokkhuset hoch, wo ich angekommen froh bin, hier nicht zu übernachten. vor 20 jahren vielleicht, ja, jetzt bin ich 1 bequeme alte frau. wenn ich wüsste, wo ich heute abend schlafe, bliebe ich hier. die leute geben sich mühe, den platz zu erhalten, aber es klappt nicht ganz. mal abgesehen von fäkalien+gestank könnte man im oberen geschoss gut seine matte aufschlagen, nur alles ist verstaubt+dreckig. es gibt 1 stempel!? 

ich weiß nicht, was es ist, aber plötzlich packe ich mein kleines schwarzes molestineheft für notizen aller art aus, das ich nicht benutze, weil ich nur ins handy oder tablet tippe, blättere die 1. seite um + probiere den stempel aus. er funktioniert. nachdem ich offiziell nun pilgerin bin, habe ich auch 1 pass, der zu mir passt. 

bei der rast, wo ich mir, weils der ort für ist, 1 tee aufkoche, stelle ich fest, dass ich den deckel verloren habe. wenn ich nicht ein paar monate später wegen energiekrise lesen würde, dass bis zu 1/3 energie gespart werden können mit 1 deckel, würde ich sagen, ich brauche keinen mehr. neben dem tee gieße ich mir noch 1 portion heiße schoki aus dem päckchen aus, das ich von meinem schwager aus seiner truppenübungsplatzsammlung erhalten habe. ich zehre davon mehrere tage. nur das klopapier geht schnell zur neige. 

auf dem weg nach unten 3x + mehr über brücken den wasserfall überquert – und zu spät ans auffüllen der flasche gedacht: weiter unten ist alles voll schaum. es braucht einfach für alles 1 erklärvideo.

die letzte etappe bis nach sul zieht sich schön durch fjällnahes gebiet, dünn besiedelt, viele trails. überall treffen wir wieder auf den schwedisch-norwegischen könig karl johan auf seinem veg/väg. er muss viel herumgekommen sein. überall gibt es quellen, raststeine, wege, die nach ihm benannt. olav + johan teilen sich quasi die stätten unter sich auf. dass wir am ende unsrer kräfte anfangen wie die pilger*innen rosenkränze + andere mantren zu beten, in der hoffnung, der weg nehme 1 ende, berichten wir lieber nicht.

dirty sweaty smelly

die unterkunft, die ich gebucht habe, ist nur die 2. am platz, wie ich später höre. der besitzer bastelt was im hof mit ducttape, als ich ankomme, 1 unterstand für pilger*innen, wie sich rausstellt. thomas ist 1 deutscher ausgewandeter, der seine pferderanch geschlossen + die pilger aufgenommen hat. die pferde stehen jetzt ungeritten auf der weide + haben 1 schönes leben. 

im haus krieg ich die krise: es herrscht 1 beißender geruch, der aus dem bad kommt, ich denke, es ist schimmel. ich denke, er ist gefährlich. ich kanns aber nicht sagen. man kriegt ihn nicht mehr raus, nicht mit lüfter, fensterkippen, seifenparfum. es ist auf meiner reise die 1. private unterkunft, in der ich übernachte. ich bin nicht ich selbst, weil ich bei 1 fremden oben in 1 der viel zu großen betten schlafe, in seinem badezimmer dusche + in seiner küche meine suppe koche. 

ich bin die harmonie

wir essen zusammen abend + plaudern übers aus_wandern. ich stelle fest: man kann so weit weggehen, wie man will: es liegt alles in eine*m selber. die unzufriedenheit mit den systemen, dieser welt, der politik, den nachbarn, pferdebesitzer*innen, kund*innen, familie, etc. irgendwas springt in mir an, dass ich seinem brass nichts entgegensetzen kann, sondern zuhöre, wenig frage, sondern sogar ergänze mit eigenen frust_rationen. ich lebe 1 seite aus, die in mir schlummert, still+ruhiggehalten von ausdauerübung, yoga, meditation. es ist die angst, unterzugehen, die sich in aggression umschwingt. ich werde getriggert. 

bis zur eu. anscheinend habe ich vergessen, dass norwegen nicht in der eu ist. als der brass europa kidnappen+verschlingen will, horche ich auf + halte ein. die eu? nein, die eu ist 1 errungenschaft! und plötzlich fange ich an, für die europäische idee zu werben, ohne die rechten worte zu finden, für die große staatengemeinschaft, drifte ab in utopie, für die aufhebung von grenzen, vergemeinschaftung der länder, gipfele in humor, als ich bayerisch für alle zur hauptsprache erkläre. ich versuche rauszukommen. 

ich habe dieses erlebnis am meisten reflektiert von allen, bis auf bernt, und komme nur zum schluss: ich kann nicht anders. ich bin in 1 fremden haus bei 1 fremden mann, wo ich in ruhe 1 nacht verbringen will, um morgen frisch über die grenze nach schweden zu gehen. ich sage nicht, was ich wirklich denke, sondern höre mir viel an. ich vergesse, das stoppzeichen zu setzen, als ich den 2. tee koche, um mich noch etwas aufzuwärmen. ich versuche den fotokalender, den thomas für seine früheren reiter*innen am ende des jahres gestaltet hat, mit dem mann zusammenzubringen, der regelmäßig bei facebook für seine kommentare gesperrt wird. es ist die enttäuschung, die alle bemühungen zu nichte macht. die alle effords zerstreut. es ist 1 versagen, das nicht benannt werden darf. 

oben das zimmer ist kalt. ich erfriere fast in der kälte des hauses, weil ich die heizung nicht gesehen habe. + den schlafsack falsch herum trage. zum glück finde ich wenigstens den abfalleimer: so kann ich den müll hier lassen. 

es gibt 1 grundgewicht für eine*n jede*n, das man tragen muss.