burgenwanderweg: ragösen – ziesar – wiesenburg (teil 2/2)

burgenwanderweg: ragösen – ziesar – wiesenburg, 77 km

2022/11

mit burgenwanderweg, burg ziesar, pramsdorfer tongruben, gut dahlen, ruine dangelsdorf, burgwall görzke, kirchenruine elsholz, alte hölle

tag 2: ziesar – wiesenburg, 40,5 km

was bleibt:

  • die beiden anderen gäste beim frühstück, darunter die frau am frühen morgen: “ich schaffe das nicht mehr, ich würde gerne, aber ich kann nicht mehr” + dann hinzufügt “vielleicht noch bisschen obst”
  • das halbe übrige nutellabrötchen, das ich vom frühstücksbuffet klaue, während ich hoffe, die mitarbeiterin sieht beim abkassieren der beiden nicht durch das fenster herein + die versuchte unverfänglichkeit, die ich beim zahlen aufsetze, damit ich das ruder herumreiße, weil vielleicht liegt die stimmung doch an mir + meinem auftreten: “erst mal ganz herzlich danke für alles!”, wobei ich das nutellabrötchen unerwähnt lasse, worauf sie sagt: “ja dann krieg ich 79,- €” + wir verstummen beide wieder bis zum ende des bezahlvorgangs, bis ich in die keksschachtel greife: “darf ich mir noch 1 keks mitnehmen?” – “ja, gerne auch mehrere” + und ich glaube, sie hat das mit dem brötchen gesehen, aber jetzt ist auch schon egal
  • der frische morgen + die hergerichtete burg + all die schlupflöcher
  • der rote reißverschlussmund, den jemand/jemensch der gesichtslosen statue ins antlitz gemalt hat
  • die leuchtenden gelben+roten sand+backsteinmauern im hellen novembermorgen unter blaustrahlendem himmel
  • das unangenehme gefühl, das nicht weggeht, bis ich raus bin aus ziesar
  • die alte kleine lesende frau im großen schlosspark + meine güte: das wetter
  • die efeuumschlungenen bäume + pilze, so groß wie meine füße
  • die neuen schuhe, die gleichen wie in schweden, und 1 nummer kleiner reicht auch
  • die autobahn wieder
  • die volle mülltüte im graben, die ich nicht mitnehme + das stück plastik, mit dem ich mich abkämpfe, bis ich es in meinen beutel kriege – das muss ich überdenken, vielleicht brauche ich werkzeug oder andere beutel
  • die angeblichen edelkrebse, die es hier noch geben soll, natürlich vom aussterben bedroht
  • die ultimative endsonne
  • die liegengebliebenen weggeworfenen sohlen, die jemand von schuhen abgerissen haben muss + die gefüllte mülltüte nr. 3 – jetzt ists gut, hebt euren dreck selber auf
  • das bildbearbeitungsprogramm nachm update jetzt auch mit 3-dimensionalen zudrehungen/schneidungen
  • die einsamen übriggebliebenen bäume inmitten des kahlschlags + der gutspark dahlen, den ich auslasse + die 3 motorradfahrer vorm geschlossenen waldcafé in der beratschlagung
  • die neuangepflanzte buchenwaldstreichholzanlage: so wird das nichts
  • das schild oben am baum “if not you – who?” + die ruine dangelsdorf, die ich nicht sehe
  • die kleinen menschen + hunde inmitten der weiten felder + die erinnerung an die kollegin, die fragt, ob die brille zu groß sei – “von weitem nicht”
  • der übriggebliebene burgwall + der mann, der dort steht + raucht
  • die verlängerung der strecke von görzke, wo ich den bus eh nicht kriege (will) bis wiesenburg, was eigentlich zu lang ist, aber wird schon gehen (gegangen werden)
  • die delle von görzke + der lichte buchenwald + all die baumstümpfe – why did you do it?
  • all das laub + die kirchenruine elsholz, für die ich jetzt keine zeit mehr habe, weil laufen kann ich heute nicht
  • auf der suche nach der erklärung über die alte hölle das schild nur unscharf fotografieren, weil 2 jugendliche daneben sitzen “hallo”
  • das schild “vorsicht stop bissgefahr” + die frage nach der zugrundeligenden ursache + die gegenseitige überraschung durch das auftauchen der wildschweine später *grunz* + das erreichen des bahnhofs in der dämmerung
  • die mitfahrer*bank “nimm mich mit” neben dem bushäuschen mit der aufschrift “leave no one behind” + der barfüßige mann im zug
  • die ankunft daheim so spät wie lange nicht mehr + der wohlverdiente schlaf am letzten tag des 44. lebensjahrs

im alter braucht man immer mehr zeit für immer weniger dinge.
vielleicht fällt das sterben daher so schwer: man kommt zu nichts mehr