heidschnuckenweg teil 1 – etappe 3

undeloh – bispingen, 31,5 km

2021/09

jetzt aber gsc|heid!

es beginnt mit der angst vorm regen. Sie werfen alles überflüssige weg, was Sie noch dabei haben (z.b. den stein, den Sie vom weg gelesen, den anderen haben Sie ja schon 1 steinmännchen am wegesrand aufsetzen können). jedes gramm zählt. Sie füllen die wasservorräte nur halb auf, denn bei regen ist der durst nicht so groß, glauben Sie.

beim frühstück werden Sie von 1 etwa 20 15 jahre älteren dame gefragt, ob Sie wirklich gingen, denn sie hingegen würde heute nur 1 abstecher nach westen machen + morgen weiterziehen. Sie aber in Ihrem hightechoutfit sind der witterung (der äußeren) gewachsen + meinen: genau das hätten Sie auch tun wollen, es würde aber nicht besser mit dem wetter. ab nun sagen alle, die Sie treffen: morgen werde es besser mit dem wetter, und Sie hätten auch derne diese app, die das anzeigt.

Ihre tätowierung am hals wird mit der jakobsmuschel verwechselt, da Sie aber die pflanzenart, die der tätowierer sich ausgesucht hat, selbst nicht angeben können, vermutlich ist es 1 kaktus oder 1 fleischfressende orchidee, sagen Sie nur, nein, nicht ganz, freuen sich aber über den vergleich. setzen Sie „muschel“ auf die tattooliste.

welcher typ sind Sie, wenn regen angekündigt wird?

  • gehen Sie überhaupt los?
  • wenn ja, versuchen Sie das trockene stück so schnell wie möglich zu laufen, obwohl Ihnen der regen entgegenkommt, damit Sie möglichst viel strecke hinter sich bringen, bevor er einsetzt?
  • oder genießen Sie den abschnitt, weil Sie nachher bei regen immer noch rennen können?
  • gehen Sie so, als ob es keine rolle spielte, also so, als ob es nicht regnen würde? ungeachtet der fehlenden vorausschau?

kaufen Sie vor dem abgang noch echte frische heidschnuckenkötel ein, die sich als lakritz herausstellen, weil Sie 1 mitbringsel brauchen + denken Sie keinesfalls daran, dass Sie dafür gerade Ihre leichte marathontasche aus 2017 oder 2018 hier weggeworfen haben, um ballast zu sparen. korrigieren Sie die wirtin nicht, die Sie mit frau schrami anspricht, es ist Ihnen zu viel. werden Sie schließlich am ende frau sami. auch ok. gehen Sie los.

die zeit, bevor der regen einsetzt, herrscht immer ganz besonderer warmluftdruck, der sich Ihnen aufs gemüt legt. natürlich ist das die beste gelegenheit, sich nochmal mit der resonanz auseinanderzusetzen. nehmen Sie sich vor, 1 persönliche abhandlung über Ihre eigenen gedanken gefühle dazu zu schreiben. Sie haben sich da in etwas hineingesteigert, merken Sie. lassen Sie los. fallen Sie hart auf den boden. stehen Sie wieder auf + reiben Sie schmerzgel darauf. es wird noch etwas weh tun, vielleicht bleibt Ihnen 1 kleine verhärtete stelle davon, aber es wird vorbeigehen, wie so oft in Ihrem leben. denken Sie über die balance nach, dass sich spüren + die natur spüren beides wichtige grundbedürfnisse des auf dem weg seins sind.

kurzzusammenfassung resonanz tag 3: Sie sind ausm überlebensmodus in den lebensmodus gekommen, aber nun stecken Sie fest im geSELLschaftlichen getriebe Ihrer zeit, das in die natur 1 kluft zwischen ausbeutung+ergötzung schlägt. so lange es nur um Ihr survival ging, war der auftrag klar + nichts kann in frage gestellt werden angesichts des existenzkampfs. nun steht das leben selbst vor der tür + will mit inhalt gefüHllt werden. + angesichts Ihrer entfremdungserfahrungen ist die natur 1 der wenigen dinge, die Sie so genießen können, dass Sie resonanzerfahrungen machen (und seien es nur selbsttäuschende oder simulierte). wie lautet die er+auf_lösung des dilemmas? (werfen Sie dem autor am ende noch vor, dass er ohne nachm sinn des lebens zu fragen, denn das wäre schon zu spät, das soll sich ja durch die resonanzen ergeben, davon spricht, wie 1 gelungenes leben aussehen kann + dass Sie das für 1 erfolgsdruck halten. (der widerstand hält an.)

wenn Sie das thema dann damit haben, können Sie ja vielleicht noch schnell 1 geschichte dazu schreiben und bis 8.10. beim wettbewerb einreichen, dazwischen ist nur noch theater1, theater, arbeit, mrt, unterlagen für marathon abholen auf der scheiß expo, dienstreise, marathon, tätowierung, lesungsvorbereitungstreffen, hochzeit, ausstellung, lesung. müsste zu schaffen sein.

kommen Sie in den regen. (alle sehen so aus in ihren regenjacken …) treffen Sie 2 sorten von menschen ab nun: regengesichter+urlaubsgesichter. freuen Sie sich über die wüste heide, über der das auge des sturms zu kreisen scheint. dann begegnet geht Ihnen im niesel 1 mann mit langem bart + 1 kind im pullover aufm arm ausm weg, der aussieht, als würde er hier wohnen, + 1 gemischtes gefühl zurücklässt. den ganzen weg über werden Sie noch zurückdenken an ihn + es notieren, damit Sies später nicht vergessen, wie verbunden jemand mit der natur sein kann + gleichzeitig die angst, dass da was nicht stimmt. Sie sind das kind.

treffen sehen Sie von weitem die 1. (+ letzten) schnucken aufm weg mit ihrem schäfer + 3 hunden. überlegen Sie sich, ob Sie zu den zukünftigen berufswünschen (kutterkahnfahrer*in, schloss- oder burgherr*in) noch weidelandschäfer*in dazufügen möchten. finden Sie in der tasche den glücksbringer, den Ihnen die freundin mitgegeben hat, von dem Sie vor abreise glaubten, Sie hätten ihn verloren. er war immer da. probieren Sie den 16:9 modus mit 0,5 + 1 zoom abwechselnd mit 4:3 mit 0,5+1 aus + werden Sie irre. es ist alles egal, im bearbeitungsmodus ist immer alles anders. kaufen Sie sich wieder 1 richtige kamera, wenn Sie richtige bilder machen wollen. oder konzentrieren Sie sich auf Ihre eigentlichen themen.

Sie merken, dass Sie der unbeständige regentyp sind + je nach strecke+laune abwechselnd gehen+laufen/sich zeit lassen/sich sputen, weil Sie nicht hetzen wollen einerseits nur wegen regen + viele bilder machen möchten, andererseits auch kein 30 km im regen rumhampeln wollen.

geraten Sie dann ruhig in das vorhergesagtetief, es kann Ihnen nichts anhaben. stellen Sie sich unter, in kurzer zeit sind Sie zu viert. 2 personen, die Sie überholt haben, gehen so schnell wie Sie laufen, trotz humpelns+hinkens (I so feel you!), + holen Sie ein. 1 person kommt aus der anderen richtung mit 1 regenschirm, der die flut nicht aufhalten kann. Sie sind froh über die 5 km, die Ihnen noch bleiben + besorgt um den, der noch 12 vor sich hat, obwohl er derjenige ist, der den weg ganz geht + nicht mehr weit hat im vergleich. als Sie gefragt werden, ob Sie bis celle gehen, lachen Sie hysterisch auf + rufen NEIN! dann lachen Sie über sich selbst + sind kurz davor Ihre lebens+verletzungsgeschichte zu erzählen. halten Sie rechtzeitig ein.

heidenglück!

an dieser stelle 1 kurzer hinweis auf 1 interessante podcastfolge: forscher*innen haben herausgefunden, dass "nasenknorpel […] arthrose im knie lindern" kann, dazu wurde gezüchtetes nasenscheidewandknorpelgewebe im knie eingesetzt. wenn das nicht gute aussichten sind! nicht so gut ist die nachfolgende meldung, dass „ausgeprägter schlafmangel […] auch nach 1-wöchiger erholungszeit noch nachweisbar“2 bleibt, zwar nicht beim reaktionsvermögen (good news for the citynighthike!), aber bei aufmerksamkeit+erinnerungsvermögen - daher wissen Sie vielleicht nicht mehr, wenn Sie schon mal wo waren, auch nicht, dass Sie exakt 1 stück dieses weges schon mal gelaufen sind! 

der letzte abschnitt ist halb schön/halb ankommen, zum schluss kommt sturzartig 1 regenguss (1 gs|heide|r duschera), dem Sie ausgeliefert sind, auch kurzes einstellen hilft nichts, bis zum hotel sind Sie klitschnass, die wunderbare gastgeberin wirft Ihnen erstmal 1 handtuch um „für das gröbste“. als Sie 2 stunden später mit 1 leihschirm rausgehen, um was zu essen, ist fast kein tropfen mehr zu sehen, wo gerade noch bäche die straßen hinabflossen. ein bisschen ist es, als wären Sie im falschen filmausschnitt gelandet + kennten sich nun nicht mehr aus. stärken Sie sich für die letzte etappe. denken Sie nicht an celle. nein, den ganzen weg könnten Sie so nicht gehen … (wahrscheinlich)

das drinnen ist draußen + das draußen ist drinnen. 

1 eigentlich wollten Sie ja 1 karte für das barfußmädchen katja kaufen, aber weil Sie nicht kucken können, haben Sie jetzt die pest am hals. es ist ok, Sie müssen nicht hingehen, wenn Sie nach all der strecke das haus nicht verlassen wollen. Sie können es als coronastütze ansehen.

2 allerdings handelt es sich nur um kleine studie mit 19 proband*innen, es ist also noch alles offen!